Sportlich, sportlich!


Von SchreibSport und Hirnleistung

Schreiben ist Hochleistungssport für unser Gehirn. Und was für Sport und Bewegung gilt, gilt folglich auch für das Schreiben: Wer rastet, der rostet. Schreiben ist eine komplexe Aufgabe, die diversen Hirnarealen so einiges abverlangt. Deshalb bedarf es auch etwa vier Jahre guten Trainings, bis ein Kind flüssig und dynamisch schreiben kann. Damit ist nicht das Schönschreiben gemeint, das vielen von uns in jungen Jahren noch antrainiert wurde und noch bis in die 70er und 80er Jahre als probates Erziehungsinstrument diente. Gemeint ist die erste eigene Handschrift. Egal wie sie aussieht, ob krumm und schief, klein oder groß, nach vorne oder hinten gekippt oder kerzengerade. Unser erstes Markenzeichen. 

 

In unserem Gehirn ist mächtig was los, wenn wir mit einem Stift in der Hand schreiben. Deutlich mehr als beim einfachen Tippen auf einer Tastatur. Beim Schreiben mit der Hand will jeder Buchstabe von der Hand individuell geführt werden. Beim Tippen hingegen ist die einzige Herausforderung, die richtige Taste zu treffen. Das Gute ist: wo etwas los ist, wird neu verschaltet, schneller und besser gelernt und je nach gemachter Erfahrung für eine kürzere oder längere Zeit abgespeichert. Das hilft nicht nur in jungen, sondern auch in älteren Jahren. 

 

Schreiben ist komplex und fordert viel feinmotorische Übung. Hirnareale, die für die Motorik zuständig sind, kontrollieren die Bewegungen unserer Hand. Die haptische Erfahrung, also das Gefühl, einen Stift in der Hand zu haben und damit über den Untergrund zu fahren, wird vom somatosensorischen Teil unseres Gehirns analysiert und rückgekoppelt. Nur so ergibt sich für uns die beste Handhaltung für jeden einzelnen Buchstaben. Damit wir unsere Sprache in die richtigen Buchstaben und Worte gießen, arbeiten Hör- und Sehzentrum auf Hochtouren. Wie ein Buchstabe genau auszusehen hat, holen wir parallel aus unserem Langzeitgedächtnis hervor. Und wer schon einmal darauf geachtet hat, der merkt, dass sich viele Menschen beim Nachdenken mit der anderen Hand – mit derjenigen, die den Stift nicht führt – an die Stirn fassen. Zufall? Genau dort hinter der Stirn liegt der Teil des Gehirns, der uns dazu befähigt, vorausschauend zu denken. Hier ergibt quasi ein Wort das andere. 

 

Viele Lehrer:innen sind der Auffassung, dass sich die Handschriften von Schüler:innen deutlich verschlechtert haben. Und wenn sich etwas verschlechtert, wird schnell die Frage nach der Schuld in den Raum geworfen. Ist es fehlende Erziehung und Disziplin oder doch zu viel Digitalisierung? Anstelle von flüssigen Auf- und Abschwüngen nur noch stupides Tippen auf Tastaturen? So einfach ist das nicht. Vergleichsdaten fehlen und es gibt kein Wahr oder Falsch, Schwarz oder Weiß. Und unsere „Digital Natives“ werden ihre Smartphones, Tablets und Laptops nicht links liegen lassen und anstelle dessen Schönschrift üben. Längst kann man auch mit Touchpens auf Tablets schreiben und die moderne Technik schließt Handschrift und Digitalisierung nicht mehr gegenseitig aus. 

 

Schreiben schult unsere kognitiven Fähigkeiten ungemein. Hört man damit auf, geht ein Teil verloren. Das haben wir im wahrsten Sinne des Wortes selbst in der (Schreib-)Hand! Wer bis ins hohe Alter schreibt, tut sich damit etwas Gutes! Wissenschaftler sind sich einig: Wir können uns Dinge besser merken, wenn wir sie handschriftlich notieren! Das gilt übrigens genauso für Mitschriften in Konferenzen wie für Einkaufszettel, die man im Laden dann schon nicht mehr braucht, ganz besonders aber auch für Mogelzettel!

Viel Spaß beim Griff zu Zettel und Stift!

Deine Birke